Monthly Archives: July 2012

Wegweisend

Gleichzeitig veröffentlichen der DAV, der VDSF und der VDSF Bayern auf ihren Internetseiten eine Erklärung der beiden Bundesverbandspräsidien zum Zusammenschluss der beiden deutschen Angelverbände. Darin erklären sie, die Fusion nun doch bereits im Herbst 2012 vollziehen zu wollen.

Die Erklärung wird für den DAV von dessen Präsidenten Markstein unterzeichnet, für den VDSF von Vizepräsident Günster.

 

Kommentar von Dr. Thomas Günther

Nun also doch? Nachdem das VDSF-Präsidium noch in diesem Jahr zunächst dafür war, die Fusion ohne den DAV zu vollziehen, dann dafür, die Fusion um ein Jahr zu verschieben, werden wir Zeuge einer neuerlichen Kehrtwende der Spitze des VDSF. Die Beweggründe für den jüngsten Sinneswandel der Offenbacher Zentrale werden nicht mitgeteilt und liegen – wie gewöhnlich – im Dunkel. Hat der DAV, der ohnehin seine Bereitschaft sowohl zu Fahrplan, als auch zur Fusion ohne weitere Bedingungen wieder und wieder erklärt hat, weitere Konzessionen gemacht? Ist der Druck der Initiativgruppe „Pro DAFV“ auf das VDSF-Präsidium, das mit seinem Schlingerkurs die Gefahr einer Spaltung des VDSF heraufbeschworen hat und sich bisher mehr als halsstarrig gezeigt hatte, zu groß geworden? Hat die Zerreißprobe nunmehr das Präsidium selbst erreicht und vielleicht sogar ein Machtkampf stattgefunden?

Schon wird in den Medien darüber spekuliert, ob VDSF-Präsident Mohnert entmachtet worden sei. Seit langem war das Fusionsthema innerhalb des VDSF Chefsache, bei der Vizepräsidenten nicht einmal ausnahmsweise in Erscheinung traten. Dem Vernehmen nach ist der VDSF-Präsident bereits seit einigen Wochen aufgrund einer schweren Erkrankung verhindert. Über seinen Zustand ist wenig Näheres bekannt. Das schließt natürlich nicht aus, dass man seine Abwesenheit genutzt hat, um ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen. Aber eben auch nicht, dass er im Vorfeld informiert wurde und vom Krankenlager der Fusion im Fahrplan, die er so vehement bekämpft hat, letztlich doch zugestimmt hat. Bei dieser Annahme bleibt immer noch ungewiss, was ihn dazu bewogen haben könnte.

Ungewiss also auch, ob der VDSF-Präsident bei der weiteren Gestaltung der Fusion und ihres Ablaufes noch ein entscheidendes Wort mitreden wird. Durch die jüngste Erklärung der beiden Verbände ist das nicht wahrscheinlicher geworden.

Präsident Mohnert galt, das war ein offenes Geheimnis, seit langem als einziges wirkliches Hindernis für den Zusammenschluss von DAV und VDSF. Dazu hat einerseits sein Wirken im DAV Sachsen beigetragen, bevor er zum VDSF wechselte; andererseits sein nicht nachvollziehbares Agieren in der Fusionsfrage. Willkürliche Verhandlungsabbrüche, widersprüchliche Erklärungen und unvorhersehbare Kurswechsel gehen auf sein Konto.

Durch seine Abwesenheit klären sich plötzlich die Fronten. Für eine Fusion im Fahrplan sind der DAV, dreizehn Landesverbände des VDSF und nunmehr auch das Präsidium des VDSF, für das stellvertretend zu sprechen Vizepräsident Günster wenn nicht ermächtigt, so doch befugt ist. Die „restlichen“ VDSF-Landesverbände werden ihre abwartenden bis ablehnenden Positionen angesichts der Erklärung überdenken. Es ist zu erwarten, dass die meisten von Ihnen im Herbst der Fusion zustimmen werden. Das Risiko, dass die Fusion an einer Sperrminorität innerhalb des VDSF scheitern wird, ist geringer geworden. Das ist vermutlich der Grund, weswegen die Verbände ihre Erklärung unisono als „wegweisend“ bezeichnen.

Dabei enthält die Erklärung inhaltlich kaum Neues. Rückschauend betrachtet ist der Weg zur Fusion längst gewiesen. Spätestens mit dem Bad Kreuznacher Beschluss des VDSF aus dem Herbst 2011 und den nachfolgenden Parallelbeschlüssen im DAV war klar, wie es laufen würde und laufen müsste. Und genauso soll es ja nach der jetzigen Erklärung auch laufen. Vielleicht aber halten die Verfasser der gemeinsamen Verlautbarung sie für „wegweisend“, weil sie mit ihr endgültig sicherstellen wollen, dass es nicht zu weiteren Störungen und Querschüssen im Fusionsprozess kommt.

Auffallend ist die Kürze des Textes, für VDSF-Verlautbarungen eher ungewöhnlich. Fast klingt er wie der Versuch eines Befreiungsschlages, mit dem das allerletzte Fusionshindernis aus dem Weg geräumt werden soll. Vorsichtig wird formuliert, dass man die Fusion im Herbst „anstrebe“, als sei man sich nicht sicher, ob nicht doch noch auf den letzten Metern etwas anbrennen oder gar angezündet werden könnte. Die Beteiligten wissen, dass es nach dieser Erklärung darauf ankommt, wie sich diejenigen VDSF-Landesverbände verhalten werden, die sich bislang nicht positioniert haben. Deswegen appellieren die Präsidien an ihre Mitglieder, ihnen einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. In trockenen Tüchern ist die Sache noch nicht.

Doch es wäre zu wünschen, dass die gemeinsame Erklärung in diesem Sinne wirklich wegweisend sein wird. Sie wäre dann der Schlussstrich unter ein jahrelanges Gezeter mit einseitigen Schuldzuweisungen und peinlichen Verlautbarungen. Dann wäre die Erklärung ein später, aber notwendiger Beitrag zur angestrebten Fusion.

Der neue Verband, wenn es denn dazu kommt, wird durch seine Gründung nicht zu einem modernen zukunftsfähigen Gebilde. Die Fusion verbessert die Rahmenbedingungen für die politische Lobbyarbeit, aber sie verbessert nicht die innerverbandliche Willensbildung. Offener Umgang mit Diskussionen, Transparenz bei wesentlichen Entscheidungsprozessen, stärkere Einbeziehung der regionalen und lokalen Gliederungen, das alles bleibt auch im neuen Verband der stilistischen Willkür des künftigen Präsidiums ausgesetzt – und wird dort vielleicht nicht einmal als Thema anerkannt. Die Vergrößerung der Zahl der Landesverbände im künftigen Verbandsausschuss und innerhalb der JHV wird die Entscheidungsfindungen unterhalb des Präsidiums deutlich erschweren, zumal für jedes Bundesland, in dem noch keine Fusion auf Landesebene stattgefunden hat, zwei oder gar mehr Landesverbände mit stark widerstreitenden Interessen sprechen werden. Es bestehen Zweifel, ob die (Stimm-) Gewichtsverteilung im Verbandsausschuss die wirklichen Kräfteverhältnisse wiedergibt. Sicher, nach Vollzug der Bundesfusion wird automatisch und zwangsläufig Druck auf die Landesverbände entstehen, innerhalb eines Fischereirechtsgebietes ebenfalls zu fusionieren. Bis dieser Prozess bundesweit abgeschlossen ist, wird sich das gesamte Konfliktpotenzial im Verbandsausschuss konzentrieren, der dadurch unberechenbarer wird. Er wird dann entweder innerhalb des Machtgefüges der Verbandsorgane an Einfluss verlieren oder aber zum großen Blockierer werden. Dann wird man sehen, dass die Einheit der deutschen Angler nicht nur aus einem Einheitsdach bestehen kann, sondern auch ein einheitliches Fundament braucht. Dann werden die Fragen der Rahmenbedingungen der Ausübung der Angelfischerei, der Freizügigkeit oder der Beitragsgerechtigkeit etwa, die bei der Bundesfusion stets vom Tisch gewischt worden sind, zwangsläufig beantwortet werden müssen.

Die eigentliche Fusion kommt nach der Fusion – und auf die Landesverbände eine gewaltige Aufgabe zu.

Zünglein an der Waage

In den letzten Wochen höre ich in zahlreichen Gesprächen zunehmend, dass man sich Gedanken machen sollte, wie es nach der Fusion von VDSF und DAV zum DAFV weitergehen sollte und weitergehen wird.

Dabei ist noch unklar, ob es 2012 überhaupt zur Fusion kommen wird. Am DAV wird das nicht scheitern. Im VDSF haben sich zehn Landesverbände öffentlich für eine Fusion 2012 positioniert. Zwölf haben es jedoch, soweit ersichtlich, nicht getan. Sie stimmen möglicherweise gegen eine Fusion 2012, weil sie dem “Kurs” des Präsidiums folgen, das eine Verschiebung oder eine andere als die vereinbarte Fusion will.

Für eine Zustimmung des VDSF bedarf es einer satzungsändernden Mehrheit der Jahreshauptversammlung, eine einfache Mehrheit reicht nicht aus. Da die Landesverbände ein je nach Mitgliederzahl unterschiedlich starkes Stimmgewicht haben, ist noch nicht abzusehen, wie die Abstimmung ausgehen wird. Ein neuerliches Scheitern der Fusion ist, wenn es plangemäß im Herbst zum Schwur kommt, nicht ausgeschlossen. Zeichnet sich etwa im Vorfeld ab, dass eine satzungsmäßige Mehrheit nicht zustande kommen sollte, wie das ja auch vom VDSF-Präsidium behauptet wird, dann wird es sinnvoll sein, darüber nachzudenken, die Abstimmung zu verschieben. Eine erzwungene Niederlage hätte nicht nur für die Initiative Pro DAFV, sondern auch für die Angelfischerei insgesamt, fatale Außenwirkungen. In den kommenden Wochen und Monaten wird es also besonders darauf ankommen, wie sich diejenigen VDSF-Landesverbände verhalten, die der Initiative Pro DAFV bislang nicht beigetreten sind. Dass die “Kleinen” auf einmal ein solches Gewicht bekommen würden, ist in der Verbandsgeschichte selten vorgekommen. Ob sie diese Verantwortung sehen und annehmen, kann bestenfalls von den Strategen des Vorstands eingeschätzt werden.

Währenddessen bleibt die Frage nach dem künftigen Fusionspräsidenten ungeklärt. Die Initiative Pro DAFV hat – wie berichtet – eine Kandidatin ins Rennen geschickt, während der VDSF-Präsident trotz vieler Aufforderungen die Erklärung seines Verzichts auf eine Kandidatur wortreich vermieden hat. Und die meisten ahnen, dass er sich für den einzigen geeigneten Präsidenten des DAFV hält. Die Initiative Pro DAFV steckt also in dem Dilemma, nicht nur eine qualifizierte Mehrheit auf sich vereinen zu müssen, sondern dieses auch noch in besonders kurzer Zeit schaffen zu müssen. Es ist höchst fraglich, ob die vorgeschlagene Kandidatin noch zur Verfügung stehen wird, wenn die Fusion auf 2013 oder vielleicht sogar auf unbestimmt verschoben wird. Für den VDSF-Präsidenten ist es im Gegenteil kein Bergaufrennen; er braucht nur auf das Verfehlen der satzungsändernden Mehrheit zu hoffen, um weiter im Amt zu bleiben. Ihm reicht eine Sperrminorität. Es ist davon auszugehen, dass er in den kommenden Wochen intensiv mit den Nicht-Initiativ-Landesverbänden sprechen wird. Ob die Initiative das Gleiche tut, ist offen.

In einer solchen Situation über die praktische Arbeit nach einer Fusion nachzudenken, ist etwas für hochspezialisierte Liebhaber. Mir erscheint das verfrüht.

Anglerfusion – Präsidiumsgegner werden immer stärker

Nun sind es schon 13! Das ist die Zahl der Landesverbände der organisierten Angelfischerei in Deutschland, die sich für die Umsetzung des Zusammenschlusses ihrer beiden Dachverbände noch in diesem Jahr ausgesprochen und damit gegen den erklärten Willen des VDSF-Präsidiums gestellt haben (vgl. Blogbeitrag Der Riß wird tiefer). Das vermeldet die Internetpräsenz des Bayerischen VDSF, wo auch die Erklärung der “Initiative Pro DAFV” vom 6.7.2012 veröffentlicht wurde (vgl. http://www.lfvbayern.de/media/files/LOgos_Verbaende_(3).pdf). Unter den neuen Mitstreitern von “Pro DAFV” sind jetzt auch die einflussreichen VDSF-Verbände vfg (Baden-Württemberg) und Schleswig-Holstein.

Kommentar von Dr. Thomas Günther

Für das Präsidium des VDSF beginnt der letzte Akt eines Trauerspiels. Es hat das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand, entrissen von Landesverbänden, die es leid waren, die immer neuen radikalen Kurswechsel des VDSF in der Fusionsfrage wieder und wieder ihren Mitgliedern zu erklären. Ohnehin ein sinnloses Unterfangen. Denn wie kann man erklären, was unerklärlich ist und auch zu keiner Zeit vom VDSF-Vorstand auch nur halbwegs plausibel erklärt wurde. In Offenbach hat man von Anfang an und immer wieder darauf gebaut, dass alle folgen würden, egal was man ihnen auftischen würde. Aber immer deutlicher schillerte in den wortreichen, aber inhaltslosen Erklärungen durch, dass es nicht um die Zukunft der Anglerschaft, sondern um persönliche Befindlichkeiten ging. Da schmollte die Eiche, weil ein paar Ameisen aus der Provinz es wagten, ihr über die Wurzel zu rennen. Da wurde jeder Verbesserungsvorschlag, der nicht vom VDSF-Präsidium kam, als fusionsfeindlich diffamiert. Und es wurde nach immer neuen Vorwänden gesucht, den Vereinigungsprozess zu stoppen, weil er den eigenen Einfluss zu verringern drohte. Die wenigen “Argumente”, wenn es denn überhaupt je welche waren, gingen dem VDSF-Präsidium mehr und mehr aus – und damit wuchs verbandsübergreifend die Zahl derjenigen, die nicht mehr ungeprüft übernehmen wollten, was Offenbach verlauten liess. Schließlich hat auch der grundsätzlich Offenbach-treue LV Schleswig-Holstein erkannt, dass dem VDSF-Präsidium zu folgen bedeutet, keinem Kurs zu folgen – und daraus seine Konsequenzen gezogen.

Mit der Gründung der “Initiative Pro DAFV”, von Anfang an getragen von Großen unter den Landesverbänden, hatten sie den Fisch recht schnell am Haken. Seine wütenden (und den Riß im Verbandsgefüge vertiefenden) Befreiungsversuche, erneute Pauschaldiffamierungen aller Andersdenkenden, Fusion ohne den Fusionspartner und schließlich Verschiebung der Fusion auf das kommende Jahr, trieben die Hakenspitze nur noch tiefer in den Schlund. In diesem Jahr hatte das Präsidium eine letzte Chance, sich an die Spitze einer wachsenden Bewegung zu setzen. Aber es verfiel in das alte Muster, allein vorgeben zu wollen, statt zu überzeugen. Darin, im Überzeugen, fehlt dem Präsidium jede Übung. Präsident Mohnert, der über ein ausgeprägtes Gespür für die Schwächen seiner Gegner verfügt, hat die Stärken seiner Freunde unterschätzt.

Jetzt steht er abseits, nur noch unterstützt von wenigen mittleren und kleineren Landesverbänden, die eigene bundespolitische Einflußnahme für sich nicht geltend machen (können), und sieht den roten Laternen des fahrplanmäßig abgereisten Fusionszuges hinterher. Was seine Person betrifft, stellt sich nur noch die Frage, ob er als Verlierer jetzt die Fairness aufbringt, die er als Amtsträger stets vermissen ließ. Präsident Mohnert muss nun mitansehen, wie man die Vorbereitungen trifft für seinen Abgang. In Kürze werden Dankesreden verfasst werden, die die “Ära Mohnert” für eine großartige Epoche in der Geschichte der Angelfischerei verklären werden. Und man wird gnädig schweigen darüber, wie weit man seit dem Jahr 2000 unter seinen Möglichkeiten und hinter der Entwicklung der Zeit mit einem in die Vergangenheit und sich selbst verliebten Präsidenten zurückgeblieben ist. Es werden Ehrenurkunden gedruckt und Festlichkeiten vorbereitet. Eine kritische Bilanz der letzten zwölf Jahre wird man, auf dem Weg zu neuen Ufern, nicht ziehen. Aber das erleichterte Aufatmen wird am Abend des Zusammenschlusses unüberhörbar sein, während noch das Lob an den Scheidenden für die unermüdlichen Bemühungen um die Gestaltung der Fusion verklingt.

Die Zukunft? Sie wird noch lange zu kämpfen haben mit den Mängeln, die einer durch und durch schlecht vorbereiteten Fusion anhaften, bis man sich zu umfassenden Satzungs- und Politikreformen durchringen kann. Nicht nur das Ende der Amtszeit Peter Mohnerts ist traurig. Sein Erbe ist es auch.